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Josef Kraus: “Der deutsche Untertan – Vom Denken entwöhnt”

Der Titel ist eine Provokation. So zitiert Josef Kraus gleich zu Beginn seines neuen Buches berühmte Unterstützer seiner These: Heinrich Heine und Kurt Tucholsky verkünden, dass der Deutsche am liebsten Untertan sei. „Es ist so bequem, unmündig zu sein“, meint auch Philosoph
Immanuel Kant. Und schon ist Kraus mitten im Thema. Das Untertan-Ideal des Diederich Heßling in Heinrich Manns großem Roman holt der Autor kraftvoll in die scheinbar aufgeklärte deutsche Gegenwart.

In fünf Abschnitten setzt Kraus sich scharfsinnig, streitbar und unterhaltsam mit der deutschen Gesellschaft und der zunehmenden, bewussten oder unbewussten (Selbst-) Entmündigung der Bürger auseinander. Dabei geht es für ihn vor allem um die drängende Frage: „Ist der Deutsche dabei, mit neuen (oder alten) Ismen und Ideologien, mit neuen Zivil- und Ersatzreligionen in eine subaltern pro-aufklärerische Epoche zurückzufallen? Hin zu neuen Autoritarismen, zu neuen totalitären Fantasiereichen?“
Die Antwort ist ernüchternd bis erschreckend. Kraus beschreibt vergangene und aktuelle Legitimationsmuster der Macht, behandelt die Diktate der Political Correctness ebenso wie die Bildungsmisere, den „rosa Marxismus“ des Genderismus und die Cancel Culture. Auch die Akteure des Untertanengeistes nennt er beim Namen, darunter Vertreter aus Kirche und Wissenschaft sowie das „Autokratie-System Merkel“. Kenntnis- und detailreich beleuchtet der Autor die Mechanismen einer antiliberalen Gesellschaft und ihre Entstehungsgeschichte.
Doch er zeigt nicht nur Fehlentwicklungen auf, er ermuntert auch zur Immunisierung gegen Obrigkeitsgehabe und Untertanengeist, vor allem durch Bildung und Rationalität.
Der Autor appelliert an die Freiheit und Eigenverantwortung eines im besten Sinne bürgerlichen Souveräns. Dies schließt auch Opposition mit ein, gemäß Kurt Tucholsky: „Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut
zu sagen: Nein!“

Manche Aussagen von Josef Kraus werden Widerspruch hervorrufen, sein Anliegen aber wird man kaum widerlegen können.

Leitende Aphorismen:
≫ Untertanentreue ist ein so schönes Gefühl! Und es ist ein so wahrhaft deutsches Gefühl! ≪ ………… ≫ Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick. Die Knechtschaft ist in ihm selbst, in seiner Seele; schlimmer als die materielle Sklaverei ist die spiritualisierte. Man muss die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts. ≪ 
(Heinrich Heine, »Harzreise« 1824/26)

»Tief wurzelt der Knecht im Deutschen.« 
(Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel in der »Weltbühne« vom 14.4.1925)

»Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen unmündig bleibt. Es ist so bequem, unmündig zu sein.«
(Immanuel Kant, »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« von 1784)


Josef Kraus arbeitete als Gymnasiallehrer und Schulpsychologe und war 1995–2015 Oberstudiendirektor eines Gymnasiums. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes sowie des Deutschen Sprachpreises 2018 und war 30 Jahre lang Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), der Dachorganisation der Verbände der Lehrer an Gymnasien, Realschulen, beruflichen Schulen und Wirtschaftsschulen. Sein Buch „Helikopter-Eltern“ und die Streitschrift „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ sind Bestseller.

Josef Kraus
Der deutsche Untertan
Vom Denken entwöhnt
350 Seiten
ISBN: 978-3-7844-3602-9
DE 24,00 €
Erscheinungstermin: 15.07.2021

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